2015 „Theater“ – „Anderssein“ – Szenen aus Max Frischs Theaterstück „Andorra“
„Wie kann ich Jugendliche für Theater begeistern? Wie führe ich die jungen Darsteller an ihre Rollen heran?“ – so lauteten die seitens des Leiters der Theaterpädagogik im Schauspielhaus Köln eingangs formulierten Fragen im Rahmen eines interaktiven Workshops, den neun Schülerinnen und vier Schülern der Mittel- und Oberstufe des Lessing-Gymnasiums am Donnerstag, dem 13.11.2014, besuchten. Die Antwort auf die Frage nach Begeisterung? Bereits vorhanden. Die Lösung für das Heranführen an Rollen? Vornehmlich durch die Akteure selbst.
Innerhalb kürzester Zeit war für die Projektgruppe „Anderssein“ klar, dass neben der schauspielerischen Darbietung die eigene Textproduktion eine Rolle spielen sollte: So wurden Gerichtsszenen anhand dreier „Vordergründe“ aus dem Theaterstück „Andorra“ von Max Frisch – der des Doktors (Fabio Schwamborn), des Paters und des Soldaten – umgearbeitet bzw. weiterentwickelt, sodass die Frage nach der Schuld am Tode Andris, der von den Andorranern als andersartig deklariert und deshalb aus der Gemeinschaft ausgestoßen und zuletzt ermordet wird, von Seiten der Schülerinnen und Schüler akzentuiert und geklärt wird.
In welcher Form? Verankert jeweils durch den Rechtsspruch einer Richterin, eindringlich verkörpert durch Adeline Knoth, einer Achtklässlerin, die sich auch unter den vor dem Abitur stehenden Schülerinnen und Schüler sicher zu behaupten wusste. Weder der Auftritt der verstörten Barblin, Andris Schwester (Stella Kenda), noch die Aussagen der weinerlichen Mutter Andris, des Jemands, der Messdienerin Julia oder des Anwalts des Paters brachten sie aus dem Konzept, stark unterstützt (ebenfalls sehr überzeugend) wurde sie hierbei durch die beiden Staatsanwälte zur linken (Kevin Wayand) wie zur rechten Seite (Felix Winkler). Bei der szenischen Umsetzung dann halfen besonders Frau Kausche und Frau Kokol und nicht zuletzt Frau Noll als erfahrene Theaterpädagogin bei den Regieanweisungen.
Die Theaterproben und der „Dreh“ der ausgewählten Szenen erfolgte in der sogenannten Black-Box, dem Literaturraum des Lessing-Gymnasiums, dessen kleine Bühne im Handumdrehen, dadurch dass alle „mit anpackten“ und sich mittels der vorhandenen Requisiten einbrachten, in einen Gerichtssaal umgewandelt werden konnte. Auch am „Tag der offenen Tür“, dem Lessing-Brunch, konnten sich interessierte Besucherinnen und Besucher per Video-Dokumentation von der Qualität der Ergebnisse überzeugen. „Kaum zu glauben, was innerhalb von drei Tagen von der Theatergruppe umgesetzt werden konnte.“
Dies gelingt eben, sofern sich Jugendliche für das Theater begeistern und wenn sich junge Darsteller an Projekte, konkreter an herausfordernde Rollen, heranwagen und somit für einige Tage im Schuljahr anders sein, sich auf andere Art und Weise präsentieren können: Dabei sind die Rollen bezüglich ihrer Größe und ihrer evtl. Bühnenwirksamkeit als solche egal; so brillierten die Schülerinnen und Schüler als „dreiteiliger Dönerspieß“ oder in Form eines „Lehrer-Schüler-Brathähnchens“ beim theater-pädagogischen Workshop und dann vor allem als Wortführer für den verstummten Andri, der sich, exemplarisch für alle, die anders sind (wer ist das nicht?!) durch die Schülerinnen und Schüler des Lessing-Gymnasiums abermals Gehör verschafft hat.